Burg-Geschichte

Über 800 Jahre haben unsere Burg geprägt. Sie haben ihr das Äußere gegeben, das ihr heute seht. Und sie haben ihren Einfluss auf das was wir hier heute machen können. Wir möchten euch die wichtigsten Stationen im Leben unserer Burg näher bringen.

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Die Anfänge der Grafen von Rieneck

Der Stammvater des Rienecker Grafengeschlechts, Gerhard I. von Rieneck, wurde 1071in der Stiftungsurkunde des Klosters Banz erwähnt. Er war Stadtgraf von Mainz und Vogt des Erzstifts Mainz und Aschaffenburg. Aus seiner Ehe mit Bertha ging eine Tochter hervor, vermutlich Agnes, die mit Graf Arnold I. von Loon verheiratet wurde, um das Aussterben des Geschlechts zu verhindern. Nach Gerhards Tod im Jahr 1106 übernahm Arnold den Namen und die Territorien der Rienecker Grafen, was zu einer erheblichen Vergrößerung seines Besitzes führte. Ludwig I., ein Nachfahre Arnolds, nannte sich Graf von Loon und Rieneck und begann mit dem Bau der Burg Rieneck, die 1179 erstmals urkundlich als „castrum Rienecke“ erwähnt wurde. Um 1200 wurde die Grafschaft geteilt, was zur Konsolidierung und Machterweiterung der eigenständigen Territorien Loon und Rieneck führte.

Entstehungsgeschichte der Burg Rieneck

Im 19. Jahrhundert erzählte man sich in Rieneck, dass die beiden Türme der Burg auf die Römer zurückgingen und Karl der Große die Burg errichtete. Diese Legende verdeutlicht die beeindruckende Erscheinung der beiden Türme, die das markanteste Merkmal der Burg sind. Strategisch günstig gelegen, ist Burg Rieneck von höheren Hügeln umgeben, was sie in der Verteidigung stärkt.

Der Nordturm, mit Wänden von bis zu acht Metern Stärke, ist ein herausragendes Element der Burg. Die heutige Form der Burg ist das Ergebnis einer neugotischen Renovierung durch Franz von Rinecker im späten 19. Jahrhundert. Die ursprüngliche Burg, die Graf Ludwig I. von Loon und Rieneck zwischen 1168 und 1179 errichten ließ, hat nur noch den mächtigen Nordturm, der "Dicke Turm" und die Außenmauer des Burghofes bewahrt. Innerhalb der Burgmauer könnten hölzerne Gebäude für das Gesinde und Tierställe gestanden haben. Der Burgadel wohnte im Turm, der nur über eine Leiter zugänglich war.

Einzigartige romanische Mauerkapelle: Die kleine Kapelle in der Mauer des Dicken Turms ist ein hochromantischer Dom in Miniatur: Sie besitzt drei mit einer Halbkuppel überwölbte Konchen (Nischen), die sich in der quadratischen Vierung treffen. Die Apsis mit dem Altar zeigt wie bei einem richtigen Dom exakt nach Osten.

Im Zuge der Teilung der Grafschaft um 1200 wurde die Burg zur Verteidigungsanlage ausgebaut. Ein zweiter Wehrturm wurde errichtet, der mit kleinen Fensterluken und Befestigungslöchern für Eisenringe ausgestattet war. Die große Burgmauer mit zwei Zwingern schützte den Zugang von der Stadt zum Burgtor. Ein Torhaus mit einer Zugbrücke über einen Graben vervollständigte die Verteidigungsanlagen. Die romanische Kapelle auf der Ostseite des Burghofes war einst kunstvoll verziert.

Das Ende der Grafen von Rieneck

Mit dem Tod des kinderlosen Grafen Philipp III. von Rieneck am 3. September 1559 erlosch das Geschlecht der Grafen von Rieneck. Nach einem intensiven Erbschaftsstreit, insbesondere über die Schulden Philipps, ging der Hauptteil der Grafschaft an das Erzbistum Mainz über. Die Rienecker Bürger konnten jedoch Privilegien durchsetzen, die ihnen weitgehende Selbstständigkeit sicherten, und bestanden darauf, den protestantischen Glauben beizubehalten, den Philipp 1544 eingeführt hatte. Burg Rieneck wurde nach Philipps Tod nicht mehr regelmäßig bewohnt und verfiel zusehends. 1673 wurde sie an Johann Hartwig Graf von Nostitz verkauft, der sich damit Sitz und Stimme im Reichstag erwarb, an der Burganlage selbst jedoch kein Interesse hatte. 1814 ging Burg Rieneck in den Besitz des Königreichs Bayern über. Ungenutzt verfiel sie zur Ruine. Die Kapelle im Burghof blieb noch bis 1812 in Gebrauch.

Die Zeit der bürgerlichen Privatbesitzer

Im Jahr 1850, erwarb Franz von Rinecker, Professor der Medizin, die verfallene Burg Rieneck in Bayern, weil er sich als Nachfahr der Grafen von Rieneck ansah. Er war der erste von sieben Privateigentümern der Burg im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Diese Bürger, darunter Großindustrielle und Schriftsteller, kauften Burgen als Statussymbole, um ihren neu gewonnenen Einfluss zu demonstrieren.

Die Begeisterung für Burgen war eine Folge der Romantik, die eine Rückbesinnung auf das Mittelalter forderte. Franz von Rinecker renovierte die Burg im neogotischen Stil und nahm dabei wenig Rücksicht auf die ursprüngliche Architektur. Das Bau hat ihn allerdings finanziell stark belastet, so dass er wiederverkaufen musste. 1888 erwarb Hugo Freiherr von Stumm die Burg, gefolgt von Adolf Hupertz, der dort ein „Obstgut“ einrichtete.


Der bekannteste Eigentümer war der Bestsellerautor Walter Bloem, der 1916 die Burg pachtete und 1919 kaufte. Bloem, ursprünglich Anwalt, wurde durch seine literarischen Erfolge wohlhabend. Bloem zog mit seiner Familie auf die Burg. Für ihn war sie sei „weltentrücktes Felsennest“. Mit Bloem endete 1929 die Ära der Privateigentümer von Burg Rieneck, die oft von romantischen Idealen und dem Wunsch nach einem Leben als Adelige getrieben waren.

Verschlungene Wege zur Pfadfinderburg

Als sich Walter Bloem 1929 entschloss, aus der Provinz wieder in das mondäne Berlin zu ziehen, erlebte die Burg im folgenden Jahr noch einmal umfangreiche Renovierungs- und Baumaßnahmen. Am 2. Juni 1930 eröffnete der Verein Erholungspflege deutscher Kinder im Auslande e.V. mit Sitz in Würzburg Burg Rieneck als Jugendburg.

Der Verein nutzte die Burg nicht lange. Bereits 1933 verpachtete er sie als Schulungsstätte an die Universität Würzburg, aber auch Schulungen der Hitlerjugend fanden hier statt. 1935 wurde der Verein Landaufenthalt für Stadtkinder e.V. als neuer Besitzer ins Grundbucheingetragen. Es fanden in der Folge Heimaufenthalte der Kinderlandverschickung statt. 1940 wurde die Burg zum Lazarett für Verwundete. Die amerikanischen Truppen erreichten Rieneck im Frühjahr 1945. Sie richteten sich vorübergehend in den Räumlichkeiten der Burg ein. In den folgenden Jahren wurde die Burg als Krankenhaus als Außenstelle der Universitätsklinik Würzburg genutzt.

In den 1950er Jahren wurde Burg Rieneck dem Verein der Kinderlandverschickung zurückgegeben mit der Auflage, sie für gemeinnützige Jugendarbeit zu verwenden, was der Verein selbst aber nicht mehr umsetzen konnte oder wollte. Am 1. Mai 1959 konnte daher die Christliche Pfadfinderschaft (CPD) die Burg pachten und schließlich zehn Jahre später kaufen.

„Lange haben die Verhandlungen gedauert, damit die CPD Besitzer der Burg Rieneck werden kann. Nun ist es endlich soweit. In diesen Wochen erfolgen die letzten Schritte. Der Vertrag, nach dem der bisherige Besitzer – der Verein „Landaufenthalt für Stadtkinder“, Berlin – die Burg der CPD übereignet, ist schon Ende letzten Jahres unterzeichnet. Nun muss nur noch die Grundbucheintragung erfolgen. Dann sind wir Besitzer und nicht mehr – wie bisher – Pächter. Burg Rieneck gehört dann uns – und damit auch Euch!“
aus: Jungenland März 1968, Heft 3